GEISLINGEN (hfwu). Ist die Talsohle in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft durchschritten? Das war die Leitfrage beim Immobilienkongress der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen (HfWU) in Geislingen (Steige).
Der Immobilienkongress, die jährliche Fachtagung des Studiengangs Immobilienwirtschaft an der HfWU, fand in diesem Jahr im Rahmen der Feierlichkeiten der Hochschule zu ihrem 75-jährigen Bestehen statt. „Der Geislinger Campus ist ein echter Glücksfall für den gesamten Landkreis, Innovationslabor und besonders stark darin, Forschung und Wirtschaft zu verbinden,“ so Nicole Razavi, Ministerin für Landesentwicklung und Wohnen in Baden-Württemberg.
Sie berichtete zum Auftakt des Kongresses von den Ergebnissen des „Strategiedialog Wohnen“ der Landesregierung. Das Leitthema der Tagung treffe den Nerv der Zeit. Die Lage am Bau- und Immobilienmarkt sei nach wie vor mit hohen Baukosten, Fachkräftemangel und teurem Bauland sehr schwierig, obwohl Inflation und Zinsen zurückgehen. „Wohnungsbau rechnet sich im Moment für niemanden“, ist die Ministerin überzeugt. Jede Wohnung, die jetzt nicht geplant und gebaut wird, werde selbst zum Mietpreistreiber. Dennoch: „Der Traum vom Eigenheim muss in unserem Land auch künftig wahr werden dürfen. Und zwar nicht nur für Wenige, sondern für die breite Mitte unserer Gesellschaft,“ so die CDU-Politikerin. Um bezahlbares Bauen und Wohnen ressourcenschonend zu realisieren müsse neue Dynamik in den Wohnungsbau gebracht werden. Dazu gehöre unter anderem die Digitalisierung baurechtlicher Verfahren, der Abbau von Bürokratie, aber auch ein besseres Investitionsklima. Dies könne etwa mit steuerlichen Erleichterungen und einer geringeren Grunderwerbssteuer geschaffen werden.
Als weiterer Referent sprach Dr. Reiner Braun vom Forschungs- und Beratungsinstitut Empirica über die Folgen des massiven Einbruchs bei Baugenehmigungen. Eine, so konstatierte Braun, ist zeitversetzt ein Rückgang auch bei den Neubauten. Zudem seien die Mehrkosten im Vergleich zur Miete deutlich gestiegen. Das habe den Effekt, dass Bauwillige gekaufte Grundstücke zurückgeben und nicht bauen. Eine Forderung von Braun: „Wir brauchen niedrigere Kosten.“
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt Gernot Schober. Der Experte vom Verband baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen e. V. (vbw) forderte aber auch, sich mit den Beständen zu beschäftigen. Dekarbonisierung sei wichtig, koste aber Geld. Gleichsam sind für Schober Nachhaltigkeit und Effizienz Schlüssel für eine Förderfähigkeit.
Von der Politik über die Analyse ging es abschließend in die konkrete Praxis. Joseph Vogel stellte das Projekt „Wohnen für alle Generationen – Wohnen in den Fehrle-Gärten“ vor. Das von der Landes-Bau-Genossenschaft Baden-Württemberg (LBG) realisierte Projekt im Rahmen der IBA 2027 in Schwäbisch Gmünd hat bezahlbares Wohnen für die Mittelschicht zum Ziel. Rund 150 Wohnungen, darunter 23 Sozialwohnungen, gehören zur Planung des Projekts, berichtete Vogel, Kaufmännischer Vorstand der LBG.
Zum Abschluss des Immobilienkongresses wurde an Niklas Nething und Madeleine Klaus das Stipendium „Zukunftstalente der Immobilien- und Wohnungswirtschaft“ vergeben, Laura Neher und Angelina Klenin erhielten den Preis des „Freundeskreis Immobilienwirtschaft“ und Leonie Zoe Kempe den Heinz Weiler Preis.