Hochschule trauert um Künstler Harry Walter

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Walter am Rednerpult

Harry Walter auf dem HKT-Symposium „Kunst im Spannungsfeld von Inklusion und Exklusivität“ im Rahmen des Outsider-Art-Festivals „Coming in!" im Juni in Nürtingen. (Foto: Videostill HfWU)

Der den Studiengängen der künstlerischen Therapien eng verbundene Künstler Harry Walter (19.9.1953 -3.9.2024) ist verstorben

NÜRTINGEN (hfwu). Die Hochschulstudiengänge Künstlerische Therapien (HKT) an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt (HfWU) in Nürtingen trauern um ihren langjährigen Lehrbeauftragten, inspirierenden Mitdenker, Mitstreiter und Kollegen Harry Walter.

Seit Mitte der 90-er Jahre bis Ende des Sommersemesters 2021 lehrte der Künstler, Autor und Kunstvermittler im Rahmen der HKT. In den Lehrbereichen Kunstpraxis und Kunsttheorie prägte er ganze Generationen Studierender mit seiner gedanklichen Schärfe, seinem Wissen, seinem Humor und seinem künstlerischen Denken. Er wirkte an Tagungen mit und begeisterte mit seinen ungewöhnlichen Vorträgen das Fachpublikum. Unermüdlich hinterfragte er den Kunstbegriff und leistete gerade dadurch einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der Nürtinger Kunsttherapie. Gastprofessuren führten ihn an die Akademie der Bildenden Künste in München und an die ETH Zürich. 

Auf dem Symposium „Kunst im Spannungsfeld von Inklusion und Exklusivität“ im Rahmen von „Coming in! Das Fest für Outsider Art in Nürtingen“ hielt er am 15. Juni 2024 an der HfWU seinen letzten fulminanten Vortrag mit dem kühnen Titel „Der wandernde Totpunkt – Über Kunst als gescheiterte Nicht-Kunst“, einer der Höhepunkte der gesamten Veranstaltung. In diesem Vortrag stellte er das „Perpetuum mobile“ von Günther Böhme vor, der, so Harry Walter, „jahrzehntelang damit beschäftigt war, ein Artefakt herzustellen, das, obwohl es in unendlich rekursiven Schleifen von sich selber handelt, alles andere als ein Kunstwerk sein wollte, und das bis heute auch nicht wie ein solches aussieht und dennoch genau das liefert, was man von moderner Kunst erwartet, nämlich, auf den ersten Blick vollkommen unverständlich zu sein“. Als Industriedesigner hatte eben dieser Böhme die „fixe Idee“, über diese Maschine „das Energieproblem ein für alle Mal zu lösen“. Sie sollte „jeden Haushalt mit unbegrenzter Energie versorgen und damit unabhängig machen […] von der Allmacht der großen Stromkonzerne“. Anhand dieses Beispiels entwickelte Harry Walter in bemerkenswert rekursiven Schleifen seinen Kunstbegriff, der sich unabhängig von Anpassungsstrategien an vermeintliche Dogmen verstand.

Wer mehr von Harry Walters künstlerischer Wahrnehmung der Welt erfahren möchte, dem sei sein 2022 im Schlaufen Verlag Berlin veröffentlichter Essayband „Bilder knistern“ wärmstens empfohlen. Sein Knistern wird fehlen.  

Hartmut Majer, Tobias Loemke

 

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